Re: Wo berührt der Ball beim Abwurf die Hand?


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Verfasst von Wolfgang Schebeczek am 18. Juni 2004 um 12:07:43:

Als Antwort auf: Re: Wo berührt der Ball beim Abwurf die Hand? verfasst von janosch am 18. Juni 2004 um 06:42:09:

Janosch schrieb:

: ich glaube, es gibt DIE STELLE nicht. je nachdem, wie du grad
: jonglierst (breit, hoch, schnell, langsam, oder bei wind auch mit
: 'vorlage', ändert sich das. und meiner erfahrung nach ist das auch
: nicht wichtig. ich kann ein und denselben wurf mit den fingerspitzen
: (bei beanbags) und mit der handfläche machen. also: es is egal, wos
: herkommt, wichtig ist, wohins fliegt...

Damit bin ich nicht einverstanden. Es stimmt zwar, dass es "wichtig ist, wohins fliegt", aber die Frage ist ja: wie werfe ich am besten, dass es möglichst genau dort hinfliegt, wo ich es gerne hätte. Dass ein erfahrener Jongleur auch mit krausen Wurftechniken zurecht kommt, heißt nicht, dass es nicht eine optimale Wurftechnik gibt.

In der Tat verwendet man beim Balljonglieren eine andere Technik als bei manchen Ballspiel- oder Ballsportarten. Während sich z. B. bei einem Basketballwurf der Ball aus der Handfläche zu den Fingern bewegt ("über die Fingerspitzen rollen" ist ein gutes Leitbild) und dort die Hand verlässt, fliegt der Jonglierball idealerweise direkt aus der Handfläche, etwa wie bei einem einem horizontalen Wurf eines Schneeballs auf ein Ziel. Zum Unterschied zu letzterem Beispiel wird der Jonglierball allerdings auf einem kürzeren Weg von der Handfläche "geschoben", d. h. der Wurf erfolgt durch ein relativ abruptes, schockartiges "Aufpoppen" aus der Handfläche.

Als Folge hat ein geworfener Jonglierball keinen oder wenig Spin, während ein Basketball beim Korbwurf in der Regel einen Backspin aufweist. Die frühen Jonglierinstruktionen (gemeint ist 70er Jahre, die noch früheren waren zum Lernen kaum geeignet), namentlich "The Juggling Book" von Carlo, sind ziemlich auf dieser Wurftechnik herumgeritten. Carlo sah hier überhaupt ein Hauptproblem der JongliernovizInnen und verbot das Abknicken des Handgelenks gänzlich, weil es seiner Meinung nach zwangsläufig zum Über-die-Finger-Rollen des Balls führt. Auch waren gemusterte Bälle obligat, um den (verbotenen) Spin beobachten zu können.

Wer den Medicus von Noah Gordon gelesen hat, hat sich vielleicht über das Problem Robs beim Jonglierenlernen gewundert, dass er den Bällen zuviel Drall versetzt, und über die pedantisch genaue Instruktion des Baders: "Ein Jongleur wirft nie den Ball: Die Bälle werden geschleudert. Deine Handfläche muß sich einen Augenblick straffen, so daß die Höhlung verschwindet und die Hand ganz flach wird. Aus der Mitte deines Handtellers wird der Ball dann gerade hinaufgeschnellt, [...]." Der Autor hat sich vermutlich hier von Carlo et al. leiten lassen. Ich hab mich (und meine erste SchülerInnen, Janosch aber offensichtlich nicht mehr) auch noch mit diesem "Popping" und "Watching the spin" gequält, aber schließlich festgestellt, dass das in der Regel überflüssig ist. Normalerweise wendet einE JongliernovizIn ohnehin instinktiv diese Aufpop-Technik an und ein bisschen Spin hat nicht die verheerenden Folgen, vor denen Carlo warnt. Dass der Rist nicht abgeknickt werden darf, ist überhaupt falsch. Gerade Ball-Numbers-Jongleure setzen viel das Handgelenk ein (und zwar ohne den Ball über die Finger rollen zu lassen). Nichtsdestotrotz ist die Feststellung richtig, dass Jonglierbälle beim Standardwurf optimalerweise aus der Handfläche und geworfen werden. Janosch hat die Erfahrungstatsache, dass es in der Regel nicht wichtig ist, dem genauen "Wurfort" viel Aufmerksamkeit zu schenken, dahingehend misinterpretiert, dass dieser Wurfort beliebig ist.

Kurze Antwort auf TinaMaries Frage "Wo berührt der Ball beim Abwurf die Hand?": bei der Handfläche, jedenfalls nicht bei den Finger(spitze)n. Sich darauf beim Jonglierenlernen zu konzentrieren ist aber meines Erachtens Luxus. Es gibt anderes, das weit mehr deine bewusste Aufmerksamkeit braucht. Es mag aber Menschen geben, für die das so nicht zutrifft.

wolfgang



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