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  jonglieren.at: Was gibts Neues?: Nachrichtenarchiv: Juni 2015
   

Juni 2015
 
25 Jahre Jonglierconventions in Österreich
 
Wenn es so etwas wie einen Geburtstag der österreichischen Jonglier-Community gibt, dann ist es wohl der 22.6.1990. Denn an diesem Tag, also heute vor 25 Jahren, startete die allererste Jonglierconvention in Österreich. Und zwar im Europapark in Klagenfurt, organisiert von der "Artistik- und Tanzinitiative Kärnten" (ATIK), nach einer Idee und geleitet vom Jonglierreferenten dieses Vereins, Rainer Warrings. Zu diesem Zeitpunkt waren etliche Menschen in Österreich über die verschiedensten Infektionswege vom Jonglierbazillus bereits angesteckt, aber gewusst hat man in der Regel von einander nicht oder nur sehr begrenzt. Es hat ja damals keinerlei Anlaufstellen gegeben: keinen Jonglierhandel, keine Kurse, keine Vereine, keine Treffen, Internet sowieso nicht. Allerdings die Zeitschrift "Kaskade" und über die haben wohl die meisten der ca. 100 TeilnehmerInnen des ersten österreichischen Jonglierfestivals von diesem erfahren. Entsprechend groß angesagt waren Kennenlernen und Austausch bei der ersten Convention. An ihrem Ende bestand Einmütigkeit, dass diese Treffen weitergehen sollen.

90 Jonglierconventions hat es - wenn ich keine übersehen habe - in Österreich bis jetzt gegeben. Die (ca. 21) USI-Jollyballturniere, die früher manchmal auch den Charakter von Conventions angenommen haben, sind dabei nicht mitgezählt, wohl aber Conventions, die nur spezielle Disziplinen (z. B. Poi, Hooping oder Feuer) abdecken oder sich nur an eine spezielle Zielgruppe richten (z. B. Jugendliche oder Performer), solche, die nur unter anderem dem Jonglieren gewidmet waren (wie die Trendsport-Events in Altmünster), sowie kleinere Jonglierevents, die sich zumindest nach Convention angefühlt haben (wie etwa das "Jongliertreffen zwischen Gänsen und Wildschweinen im Wienerwald" 1999). Zählt man diese Spezialfälle nicht mit, verbleibt immerhin noch die stattliche Anzahl von 66 Jonglierconventions "im engeren Sinn".

Mit Ausnahme des Burgenlands waren die Veranstaltungsorte über ganz Österreich verteilt, wenngleich auch nicht gleichmäßig: Niederösterreich: 29 (24), Kärnten: 21 (21), Steiermark: 11 (6), Oberösterreich: 10 (3), Wien: 7 (5), Vorarlberg: 5 (1), Salzburg: 3 (3), Tirol: 3 (3) (in Klammern: Jonglierconventions im engeren Sinn). Die größte Dichte an Jonglierconventions (bzw. an solchen im engeren Sinn) wurde 2009 (bzw. 2012) mit 7 (bzw. 6) Conventions/Kalenderjahr erreicht. Fasst man die periodisch wiederkehrenden Conventions zusammen, gab es 31 (bzw. 17) solcher Conventionprojekte. Die meisten Ausgaben, nämlich 20, hatte das Klagenfurter Festival, gefolgt vom Kremser Jongliertreffen (12) und der Wieserhoisl Offroad Juggling Convention (5).

Die Anzahl der TeilnehmerInnen an den österreichischen Jonglierconventions (im engeren Sinn) ist aus nicht immer nachvollziehbaren Gründen schwankend, lag aber typischerweise zwischen 60 und 180. Etwa 10 Conventions haben die 200er-Marke überschritten und die Rekordanzahl von 270 wurde 1997 beim 8. Klagenfurter Jonglierfestival erreicht. Trotz internationaler Bewerbung ist der Anteil von aus dem Ausland angereisten BesucherInnen im Durchschnitt recht mäßig. Aber es gab auch erfreuliche Ausreißer. Bei den ersten Klagenfurter Festivals war z. B. eine von Jahr zu Jahr wachsende Fangruppe aus Aachen, die einen Anreiseweg von immerhin 1000 km in Kauf nehmen musste, um dabei zu sein; angeführt von "Das ist die Axt!"-Michael, der immer die Nummer 1 auf der Festivalanmeldeliste war. Über die Landesgrenzen hinweg recht attraktiv waren der 1. Wiener Jonglierhimmel (2008), alle Conventions in Bruck/Glocknerstraße, Schärding und Waidhofen/Ybbs und die Summerflame Wien (2012), jedoch die breiteste internationale Beteiligung hat wohl der 2. Wiener Jonglierwinter (2003) zu verzeichnen: Zwölf Nationen wurden damals gezählt, fast 20 JongleurInnen kamen allein aus Ungarn. Recht international ist es auch auf der Brückler Frühsommer-Jonglierconvention vor zwei Wochen zugegangen, aber zu einem guten Teil deswegen, weil die österreichischen JongleurInnen etwas unterrepräsentiert waren.

In all den 25 Jahren war auf den österreichischen Jonglierconventions viel Spiellust und reges Interesse an Workshops anzutreffen; bezüglich der Frage Übungseifer vs. dolce far niente unterscheiden sich allerdings die Conventions. Aber bei den meisten wurde die Gemütlichkeit als das höhere Gut erachtet als das Trainieren, entsprechend wird auch Familien/Kinderfreundlichkeit zumeist groß geschrieben. Beim letzten Klagenfurter Festival (2009) wurden jedenfalls 80 Kinder unter 6 gezählt.

Wenn man alle Convention-Highlights der letzten 25 Jahre aufzählen wollte, würde das eine ziemlich lange Liste ergeben. Allein die Show-Acts haben in den letzten Jahren technisch und künstlerisch gewaltig zugelegt, aber auch in früheren Zeiten, in denen die Shows ad hoc (manchmal erst am Ausführungstag) zusammenimprovisiert wurden, hat es etliche Sternstunden gegeben. Ich begnüge mich damit, einige JongleurInnen zu nennen, die über Jahre hinweg mit vielen Auftritten für Begeisterung gesorgt haben und die aus der Geschichte der österreichischen Conventions nicht wegzudenken sind: Rainer Warrings, die Compagnie fantastique aus Graz (Martin, Robert, Christine), Gandl (alias "Steirischer Zen-Buddhist"), Thomas Dietz, Mathias Romir und last not least Jonglissimo (zu zweit, zu viert und zu acht). Die Liste ist mit Sicherheit unvollständig.

Oft genug wurde aber den Show-Acts von anderen Events die Show gestohlen, z. B. beim 2. Wiener Jonglierwinter, bei dem in einer furiosen Open Stage die Fundgegenstände der Vorjahresconvention (mit Auftritten als Währung) versteigert wurden. Oder Bernis Renegade Show auf der 2. PJC (2012), die auf einem Heurigentisch unter einem niedrigen Hausvorsprung bei strömendem Regen stattfand. Auch Workshops standen manchmal mehr im Fokus als anderes, z. B. das fliegende Trapez bei mehreren der ersten Klagenfurter Festivals oder das Maori-Passingspiel Tii rakau (Klagenfurt 2000). Und insbesondere einige weniger seriöse Workshops wie Bierbankklettern (Klagenfurt 2002), Erzeugung von Cola-Mentos-Fontänen (Krems 2006) und natürlich die Einschulung in die fachgerechte Zubereitung und Einnahme des fürchterlichen Nachkriegsgesöffs "Nikolaschka" (Krems alljährlich). Apropos Gesöff: Auch Essen oder Trinken kann zum Convention-Hit werden. Hier seien nur die Kasnocken und anderen Pinzgauer Köstlichkeiten bei der PJC sowie die beim Wiener Jonglierwinter (im festivaleigenen Kaffehaus) und bei den Jongliertreffen in Kautzen servierten Mehlspeisen genannt. Unvergessen sind auch die Nächte in der Cocktail-Bar von Johannes und Mette bei den Kremser Conventions. Manchmal waren es die kleinen Dinge, an die man sich erinnert: die Dampfschiffahrt am Wörthersee bei den ersten Klagenfurter Festivals, die legendären Spiele auf Tret- und Ruderbooten im Lendkanal (Klagenfurt 1996), die gelungenen Designs aller Kremser Convention-T-Shirts, die kunstvollen Ballonfiguren von Sabina (Twist-Art), die sich auf vielen Conventions herumtummelten, TschepplNicks zahlreiche elektronische und Einrad-Gadgets, nächtliche Keulenbegräbnisse und -gedenkfeiern (Krems 2002 ff), das erste (und einzige) Quidditch-Juggle-Spiel in Österreich (Klagenfurt 2001) und - apropos - der deutlich erschlaffende Jongliereifer in Klagenfurt, nachdem am 3. Festivaltag 2003 der neue Harry-Potter-Band erschienen war ...

Allein schon diese Hit-Liste zeigt, mit wieviel Fröhlichkeit all diese Conventions verbunden waren. Es gab jedoch auch traurige Momente. Beim 6. Klagenfurter Jonglierfestival (1995) schlug die Nachricht, dass sich der Wiener Jongleur Stephan Pallierer drei Tage zuvor das Leben genommen hatte, wie eine Bombe ein. Viele JongleurInnen aus Wien und Niederösterreich hatten bei ihm das Jonglieren erlernt; im Herbst desselben Jahres wollte er ein Jonglierfestival im Weinviertel organisieren. Es war bereits in der Kaskade angekündigt und auch im Internet findet man noch die Termininfo. Für viele war sehr schwer vorstellbar, mit Stephan nie wieder gemeinsam jonglieren zu können. Das gilt auch für Günther "Köcki" Köck, die eine Hälfte des Performing-Duos Luigi & Luigi und in den letzten Jahren der Kremser Jonglierconvention deren Hauptorganisator und "Mastermind". Er ist wenige Wochen vor dem 12. Kremser Jongliertreffen (2010) bei einem Fallschirmabsturz im Waldviertel ums Leben gekommen. Seinem Andenken war die Convention gewidmet. Auch das plötzliche Aus der beliebten Waldviertler Winterconvention in Kautzen hat einen tragischen Hintergrund: die schwere Krankheit und der Tod von Ingrid Bräuer, Ehefrau des Convention-Organisators Gerri und wichtigste Stütze im Helferteam. Stephan, Köcki und Ingrid sind nicht die einzigen, die wir nie wieder auf einer Jonglierconvention treffen können: In den vergangenen 25 Jahren sind leider auch Helmut Eberhart ("Clown Heli") und seine und Jongleurin Barbaras beide Kinder Thimo und Fini, die Jongleure Johannes Fritsch (Linz), Christian "Bruce" Brugger und Aly Rolinger (beide aus Graz) viel zu jung verstorben.

Die Jonglierconventions waren auch ein Ort, wo wir versuchen konnten, diese Verluste zu verarbeiten. Dafür, aber natürlich auch für all die fröhliche, lehrreiche und spannende Zeit, die wir dort verbringen konnten, sei den unzähligen Menschen, die in Teams oder als EinzelkämpferInnen diese 90 Conventions organisiert haben, hier ein herzliches Dankeschön gesagt. Ebenso Filzis Jonglerie und dem Wiener Jonglierladen Bumfidl, die über all diese Jahre immer wieder Conventions gesponsert und unterstützt haben.

Mögen sich auch für die nächsten 25 Jahre noch viele Convention-Organisationswillige finden. Und am 22.6.2040 jemand, der an den 50er erinnert.

Happy birthday,
wolfgang
wsch 22.6.2015

 
Zirkustheater "LIEBER LIBRE" in Wien
 
"LIEBER LIBRE"
Ein Zirkustheaterstück der Jugendlichen der Zirkuswerkstatt und des Circus Luftikus/JUVIVO.15

Konzept und Choreografie: die Jugendlichen des Circus Luftikus und der Zirkuswerkstatt, Nina Swoboda, Miriam Sibitz, Maitane von der Becke, Arne Mannot und Laszlo Pinter

"Zwischen Individuen und Gruppen, Handygeklingel und Stille, Schönheit und Ideal, zwischen Selbstbestimmung und Gleichschaltung, Heimat und Flucht, entstehen Collagen der Freiheit. Das Stück LIEBER LIBRE kombiniert Zirkustechniken mit choreografierten Absurditäten und hinterfragt dabei gesellschaftliche Zustände. Mit unserer Kunst wollen wir neue Wege kreieren und dadurch unsere eigene Definition von Freiheit finden.
'Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden.' Rosa Luxemburg"

Vormittags-/Schulklassenvorstellungen:
Do 25.6.2015, 9:30 (ausverkauft)
Fr 26.6.2015, 9:30
Abendvorstellungen:
Fr 26.6.2015, 19:30
Sa 27.6.2015, 17:00
Phoenix Performing Arts Center, Rappachgasse 26, 1110 Wien

Kartenreservierung: office@zirkuswerkstatt.at
Weitere Information: http://www.zirkuswerkstatt.at/, http://www.juvivo.at/juvivo15
lp/wsch#117;sw 11.6.2015