Re: Korigieren des Diabolos - Physik


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Verfasst von Wolfgang Schebeczek am 18. April 2008 um 01:20:40:

Als Antwort auf: Re: Korigieren des Diabolos - Physik verfasst von Jonas am 17. April 2008 um 17:44:42:

: Ich denke, dass es auch noch etwas mit der Rotatinsrichtung zu tun
: haben muss,da ja Linkshänder mit dem linken Stock korrigieren.
: Leider hab ich noch nicht so ganz raus, was überhaupt dafür
: veantwortlich ist, dass das Diabolo kippt. Ich vermute, dass das
: einfach daran liegt, dass die Diabolo-Seiten nicht ganz gleich schwer sind.

Mit deiner ersten Feststellung (zur Rotationsrichtung) bis du auf der richtigen Spur, deine zweite Vermutung ist aber falsch. Ebenso hat das Kippen und die "klassische" Korrekturmethode nichts mit der Reibung und nichts mit dem "Hinunterdrücken der höheren Seite" des Diabolos zu tun, wie andere Poster hier festgestellt haben. Um das Reibungsargument zu entkräften, brauchst du nur die Diaboloschnur durch eine dünne Nylonanglersehne ersetzen. Du wirst zwar merken, dass das Diabolo dann mühsamer anzutreiben ist, dafür länger läuft. Einige Tricks, bei denen die Reibung eine maßgebliche Rolle spielt, wie z. B. der Aufzug, funktionieren nicht gut, aber bezüglich Kippen und Kippkorrektur verhält sich das Diabolo gleich.

Auch, dass es nicht am verschiedenen Gewicht der Diaboloschalen liegt, kannst du leicht selber überprüfen. Wickle um eine Diaboloschale - möglichst nahe beim Rand der Schale - ein paar Lagen eines Drahts und klebe ihn fest. Die Diaboloschalen sind nun sicher verschieden schwer, aber du wirst keine größere Schwierigkeit haben, es waagrecht auf der Schnur zu halten. Schon bei moderater Drehgeschwindigkeit wirst du bezüglich des Kippens und der Effizienz der Kippkorrektur keinen Unterschied zum "drahtlosen" Diabolo bemerken. Du wirst aber etwas anderes feststellen: Das Diabolo dreht sich ständig von dir weg, d. h. die Drehachse rotiert in einer waagrechten Ebene. Und zwar um so langsamer, je schneller die Eigenrotation des Diabolos ist, und in die Gegenrichtung, wenn man das Diabolo andersherum antreibt. Chinesische Artistinnen spielen auch mit einrädrigen Diabolos und ersetzen sogar manchmal das Diabolo durch einen Topfdeckel. Auch hier ist das Kippen kein Problem, sobald das Ding schnell genug rotiert. Aber die Artistinnen müssen sich ständig mitdrehen, um zu verhindern, dass sich die Schnur verdrillt.

: Wenn ich mit dem Finger den von mir weggewannten Cup berühre,
: dann bewegt sich das Diabolo eher nach rechts und nicht so sehr nach unten.

Genau das ist es, was ich eben beschrieben habe...

Dieser Effekt - die Physiker nennen ihn Präzession - kommt hier durch eine merkwürdige Eigenschaft eines Kreisels zustande. Vereinfacht gesagt, versucht dieser, im rechten Winkel zu Kräften, die auf ihn ausgeübt werden, auszuweichen. Hier liegt auch der Grund, warum du mit Nach-vorne- bzw. Nach-hinten-bewegen des einen bzw. anderen Handstocks eine Kippbewegung des Diabolos rückgängig machen kannst. Du übst damit ein Drehmoment auf das Diabolo aus und zwar eines, von dem man naiverweise erwarten würde, dass das Diabolo dadurch nach rechts (bzw. links) verdreht wird. Hat das Diabolo keine Eigenrotation, trifft dies auch zu - wie du leicht überprüfen kannst. Leg es auf den Boden und führe die Kippkorrekturbewegung durch; heb es sanft etwas an und du wirst sehen, dass das Diabolo die erwartete Bewegung ausführt. (Natürlich kippt es hier auch gleich, weil es in einem labilen Gleichgewicht ist, daher nur so wenig vom Boden anheben, dass es sich einigermaßen frei bewegen kann.) Ein angetriebenes Diabolo reagiert anders auf dieses Drehmoment, es weicht - wie schon erwähnt - im rechten Winkel dazu aus: eine Schale senkt sich, die andere hebt sich. Welche was tut, hängt davon ab, welche Hand du nach vorne bewegst und mit welcher du das Diabolo angetrieben hast. Damit kannst du eine "Schieflage" des Diabolos rückgängig machen, aber auch eine erzeugen. Darauf beruht auch das unerwünschte Kippen. Beim Antreiben und beim Ausführen von Tricks kommt es immer wieder vor, dass die Ebene, in der sich die Schnur befindet, von ihrer idealen Position im rechten Winkel zur Diaboloachse abweicht. Auf das entstehende Drehmoment reagiert das Diabolo mit Kippen.

Für ein tieferes Verständnis musst du dich zu den Themen Drehimpulssatz und Kreiselphysik schlau machen. Aber ich würd dir im Hinblick auf deine Facharbeit noch gern einige warnende Worte ans Herz legen: siehe ein älteres Posting in diesem Forum zum gleichen Thema: http://www.jonglieren.at/forum/openpage/messages/3914.html.

Wolfgang Schebeczek


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