Die Kaskade mit drei Jongliertüchern
jonglieren.at: Theorie & Praxis: Die Kaskade mit drei Jongliertüchern

Christoph Heinzle

aus:
Vom Werfen zum Denken ... dazwischen Balance.
Ein Arbeitsbuch ... für die Entdeckung und Entfaltung von Bewegungskünsten in uns
(Selbstverlag, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Völs 1995)

Klaus Göschl: Illustrationen


1. Schritt: EIN TUCH WERFEN UND FANGEN

Das Tuch wird in der Mitte wie ein Gespenst festgehalten (ill. 1) und mit möglichst gestrecktem Arm vom Oberschenkel beginnend mit viel Schwung vor dem Körper diagonal nach oben geführt. Am höchsten Punkt wird das Tuch aus der Hand geworfen, als würde man winken. Die Wurfhand wechselt nach dem Loslassen des Tuches aus der diagonalen Armhaltung vor dem Kopf in eine senkrechte Armhaltung neben dem Kopf und wartet in dieser Position auf den nächsten diagonalen Tuchwurf. (Sie geht also nicht in die Ausgangsposition zum Oberschenkel zurück! Siehe ill. 4-6.) Das in der Luft schwebende Tuch wird von der anderen Hand, die über dieses Tuch zuerst hochgenommen wird, senkrecht nach unten gekrallt. Nach dem Fangen schwingt die Hand zum Oberschenkel und beginnt eine neue Wurfbewegung. Diese wird wieder vor dem Körper diagonal nach oben ausgeführt. Am höchsten Punkt der Wurfbewegung wird das Tuch losgelassen. Jetzt kann die andere Hand dieses schwebende Tuch senkrecht nach unten krallen. Die Fanghand wird zur Wurfhand und das Spiel mit diagonalem Werfen und senkrechtem Fangen (Krallen) im Handwechsel auf der Figur der Unendlichkeit (= liegende Acht) beginnt von vorne (ill. 2-7).


ill. 1ill. 2ill. 3
ill. 4 ill. 5ill. 6
ill. 7

2. Schritt:
ZWEI TÜCHER WERFEN UND FANGEN - DER KREUZWURF

Der Kreuzwurf bildet die Grundlage für die Kaskade.

Das Verstehen und Erlernen dieses Zweitüchertricks wird durch das Verwenden verschiedenfarbiger Tücher erleichtert und unterstützt.

Beide Hände nehmen ein Tuch in Gespensterhaltung.
Das Tuch 1 der nichtdominanten Hand (= die etwas ungeschicktere Hand) wird vor dem Körper diagonal nach oben geworfen.
Sobald das Tuch 1 den höchsten Punkt seiner Flugbahn erreicht hat, wird es mit den Augen fixiert, und das Tuch 2 wird aus der dominanten Hand diagonal nach oben geworfen.
Tuch 2 wird somit unter Tuch 1 schräg durchgeworfen.
Die Tücher beschreiben vor der Brust ein " X ".
Sobald die dominante Hand frei ist, greift sie nach Tuch 1 und fängt (krallt) es vertikal nach unten.
Die nichtdominante Hand führt anschließend diese vertikale Bewegung gegengleich aus.

Dieser Kreuzwurf ermöglicht noch kein fließendes Jonglieren, da nach dem Bewegungsablauf

WERFEN - WERFEN - FANGEN - FANGEN

eine kurze Pause (STOP) auftritt, bis schließlich die nichtdominante Hand mit einem neuen Diagonal-Wurf beginnt (ill. 8-11).


ill. 8 ill. 9 ill. 10 ill. 11


3. Schritt:
DREI TÜCHER WERFEN UND FANGEN - DIE KASKADE

Ein Tuch (3) wird aus der Mitte gefasst und in der nichtdominanten Hand zwischen Handfläche und kleinem Finger/Ringfinger eingeklemmt. Daumen, Zeige- und Mittelfinger beider Hände halten je ein Tuch im Pinzettengriff als Gespenst fest. (ill. 12 zeigt, wie die nichtdominante Hand (= rechte Hand in der Bildfolge, wie zuvor) die Tücher 1 und 3 hält.)

Der Start stellt einen Ausnahmewurf dar.
Tuch 1 wird schräg nach oben geworfen (ill. 13 / ! ) und zwar aus der nichtdominanten Hand, die auch Tuch 3 hält. Tuch 3 wird aber nicht losgelassen, während die Hand schnell in ihre Ausgangsposition beim Oberschenkel (vgl. ill. 15) zurückkehrt.


ill. 12ill. 13


Jetzt wirft die dominante Hand Tuch 2 schräg unter dem bereits fliegenden Tuch 1 nach oben und krallt in Augenhöhe Tuch 1 vertikal nach unten (ill. 14).
Sobald Tuch 2 am höchsten Punkt seiner Flugbahn angelangt ist (ill. 15), wirft die nichtdominante Hand Tuch 3 schräg nach oben (ill. 16).
Danach krallt sie Tuch 2 in Augenhöhe vertikal nach unten (ill. 17).


ill. 14ill. 15 ill. 16 ill. 17


BASIS-INFO (Theorie/Methodik):
Jonglieren ist wie Sprache rhythmisch gesteuert. Wörter und Reime (Beispiele: s. Exkurs) zu motorischen Abläufen gesprochen helfen, diese dynamisch und zielgerichtet umzusetzen:
START - WERFEN - FANGEN - WERFEN - FANGEN ...
Hilfreich ist es auch, drei verschiedenfarbige Tücher beim Erlernen der Kaskade zu verwenden, da sie die visuelle Orientierung auf der Bahn der liegenden Acht (ill. 15) erleichtern.

Nach einem ersten Jonglieren-Probieren könnte es passieren, dass Sie es trainieren und bald andere damit faszinieren. Wollen Sie das riskieren?



Christoph Heinzle (Vorarlberg) ist Pädagoge an der PA Feldkirch und tritt als "Schokolör NaNo" auf. Er hat unzähligen Menschen aller Altersstufen das Jonglieren beigebracht. Der Text ist eine leicht überarbeitete Fassung des Abschnitts "Die Kaskade - das klassische Jongliergrundmuster" aus seinem Arbeitsbuch "Vom Werfen zum Denken ... dazwischen Balance" (pp 21-24 ). Neu illustriert hat ihn Klaus Göschl, Jongleur, Comedy- und Grafikspezialist aus Wien. Bria Rieder ist Volksschullehrerin in Vorarlberg und im Bereich Performance und Animation als "NaNe" unterwegs. Ihre Jonglierreime (s. Exkurs) sind ebenfalls dem "Arbeitsbuch" entnommen.
Weitere Beiträge auf den Webseiten von jonglieren.at: siehe Index: Heinzle, Christoph bzw. Index: Göschl, Klaus

Alle Rechte verbleiben bei den Urhebern. Veröffentlicht mit deren Einverständnis. Juni 2000.